Was ist der Unterschied zwischen sexueller Belästigung und Sexismus?
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Sexismus ist ein Sammelbegriff für Diskriminierung auf Basis des Geschlechts. In patriarchalen Gesellschaften zeigt sich Sexismus auf vielfältige Weise. Es ist zum Beispiel sexistisch, davon auszugehen, dass eine Frau prinzipiell besser putzt als ein Mann oder ein Mann nicht so gut über Gefühle kommunizieren kann wie eine Frau.
Sexuelle Belästigung laut dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist “ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, (wenn dieses) bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird,insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.”
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann sich in zum Beispiel in verbalen, non-verbalen und physischen Formen ausdrücken. Sexismus und sexuelle Belästigung sind eng miteinander verschränkt. In einer sexistischen Arbeitsatmosphäre bzw. auch in männerdominierten Branchen ist die Wahrscheinlichkeit, eine sexuelle Belästigung zu erleben, höher.
Was ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz?
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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, auch unter dem Namen Antidiskriminierungsgesetz bekannt, soll Benachteiligung auf Basis der nachfolgenden Diskriminierungsdimensionen verhindern und beseitigen:
- race/ ethnische Herkunft
- Geschlecht
- Religion/ Weltanschauung
- Behinderung
- Alter
- sexuelle Identität
Das Gesetz ist 2006 in Kraft getreten und feierte 2021 sein 15-jähriges Jubiläum.
Warum lohnt sich Diskriminierungsschutz?
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Sexualisierte Belästigung stellt eine massive Grenzverletzung dar. Dieser Angriff wirkt sich individuell und teils massiv auf verschiedene Lebensbereiche der Betroffenen aus. Für einen Betrieb zählen ein feindliches Arbeitsklima, negative wirtschaftliche Folgen und Reputationsverlust zu den Konsequenzen unzureichender Sensibilisierung und fehlender Beratungs- und Beschwerdestrukturen. Mitarbeitende, die sich an ihrem Arbeitsplatz sicher und wohl fühlen, können sich mit ihren Arbeitgebenden besser identifizieren und kommen motivierter zur Arbeit.
Wann fängt sexuelle Belästigung an?
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Ein Warnsignal ist es bereits, wenn ein Verhalten sich unangenehm anfühlt, von der betroffenen Person also unerwünscht ist. Ein aktives Zurückweisen ist jedoch nicht notwendig, es reicht, wenn ein sogenannter “objektiver Betrachter” das Verhalten dem Kontext unangemessen und somit unerwünscht einordnet. Es ist zudem falsch, anzunehmen, dass für eine sexuelle Belästigung eine körperliche Grenzüberschreitung vorliegen muss. Auch verbale und non-verbale Formen fallen unter die Definition des AGGs. Sexuell anzügliche Witze oder Bemerkungen, aufdringliches Starren oder Hinterherpfeifen sowie unangemessene Einladungen zu einer Verabredung zählen somit ebenfalls eindeutig als sexuelle Belästigungen.
Wie lässt sich ein Flirt von einer sexuellen Belästigung unterscheiden?
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Bei einem Flirt handelt es sich um eine Kontaktanbahnung, die von allen Beteiligten erwünscht ist. Bei einer sexuellen Belästigung hingegen stehen Macht und Erniedrigung im Vordergrund. Aufdringliches Verhalten geht einseitig von der belästigenden Person aus. Studien belegen, dass sich belästigende Personen in der Mehrheit der Fälle sehr wohl der Grenzüberschreitung, die sie begehen, bewusst sind.
Was muss ich als Arbeitgeber*in tun, um meine Mitarbeitenden vor sexueller Belästigung zu schützen?
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Arbeitgeber*innen unterliegen laut AGG einer so genannten Arbeitgeberfürsorgepflicht. Diese umfasst laut §12 Abs. 1 AGG auch vorbeugenden Schutz. Neben aktiver Präventionsarbeit sollten Arbeitgebende bei Fällen sexueller Belästigung geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen ergreifen. Beschwerden sind zu prüfen und dürfen nicht zur Benachteiligung von Beschwerdeführer*innen oder deren Unterstützer*innen führen.
Müssen Arbeitgebende Mitarbeiter*innen, denen sexuelle Belästigung vorgeworfen wird, sofort kündigen?
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Arbeitgebende sind dazu verpflichtet, angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen einzuleiten. Was das bedeutet, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden. Eine wichtige Rolle spielt immer die Verhinderung weiterer Belästigungen. Es ist allerdings ratsam, von übereilten Reaktionen abzusehen. Ein transparentes und klar kommuniziertes Beschwerdeverfahren stärkt alle Beteiligten. Beschwerden werden demnach geprüft und führen nicht automatisch zu einer Kündigung der belästigenden Person.
Was bedeutet Mehrfachdiskriminierung?
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Mehrfachdiskriminierung oder auch Intersektionalität beschreibt die Verschränkung von Diskriminierungserfahrungen. Eine Schwarze Frau macht andere Erfahrungen mit Benachteiligungen als eine weiße Frau. Beispielsweise sind homosexuelle Männer öfters von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen als ihre heterosexuellen Kollegen.
Warum übersehen wir Diskriminierung?
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Wir wachsen alle in Gesellschaften auf, die von verschiedenen Machtverhältnissen geprägt sind. Basierend auf den eigenen Erfahrungen und sozialen Positionierungen sind Personen für gewisse Vorurteile und Stereotype in besonderem Maße sensibilisiert, hatten jedoch mit anderen Diskriminierungserfahrungen keine/ wenig Berührungspunkte. Dies kann mit eigenen Privilegien zusammenhängen. Voraussetzung, sich eigener Macht/ Privilegien bewusst zu werden, ist die Bereitschaft, sich in einen Reflexionsprozess zu begeben. Raum dafür kann beispielsweise eine Sensibilisierungsschulung geben.
Ist gendersensible Sprache im Unternehmen notwendig oder übertrieben?
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Gendersensible Sprache möchte alle Geschlechter ansprechen und zum Abbau von Geschlechterungerechtigkeit beitragen. Zudem beeinflusst Sprache auch unsere Vorstellungen und Assoziationen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Gedankenwelt von Kindern. Sexistische Strukturen aufzubrechen und die gleichberechtigte Entwicklung und später die Gleichbehandlung aller Geschlechter zu fördern, sollten Elemente Ihrer Präventionsarbeit sein. Diskriminierungsfreie/ -arme Sprache ist dementsprechend ein wichtiger Baustein für ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld.